Richtig gendern auf Social Media – So geht’s!

Geschlechtergerechte Sprache ist in aller Munde. In wissenschaftlichen Arbeiten, Büchern und auch Blogartikeln wird inzwischen fleißig gegendert. Aber muss das auch in den sozialen Medien sein?

In diesem Beitrag erklärt euch Diversity-Texterin  Lucia Clara Rocktäschel, warum wir eigentlich geschlechtergerecht schreiben sollten und wie das auf Social Media am besten funktioniert. 

Lucia-Clara-Rocktäschel-Diversity-Texterin

Warum ist es wichtig, auch in den sozialen Medien zu gendern?

Es ist ja so: Formulierungen wie „Leser*innen“ sollen Menschen aller Geschlechter ansprechen – Männer, Frauen und nichtbinäre Personen, die weder Mann noch Frau sind. Und mit wem kommunizierst du über Social Media in erster Linie? Richtig: mit Menschen. Egal, ob Instagram, Facebook oder LinkedIn – Ziel dieser Plattformen ist der Austausch mit deinen Kund:innen und deiner Community. Sie wertschätzend und so anzusprechen, dass jede:r sich gemeint fühlt, ist da essenziell. Hier erfährst du deshalb, wie du in den Sozialen Medien richtig genderst! Aber zunächst ein paar Grundlagen rund um die verschiedenen Arten, geschlechtergerecht zu schreiben:

Welche Arten zu Gendern gibt es?

Im Deutschen kursieren viele verschiedene Ideen zum geschlechtergerechten Schreiben. Ein „richtiges Gendern“ gibt es da eigentlich nicht, denn bisher existieren noch gar keine offiziellen Regeln dazu. Die sechs bekanntesten und beliebtesten Arten zu gendern stelle ich dir hier kurz vor!

Die Paarform

Die Paarform, auch Doppelnennung genannt, ist ganz einfach umzusetzen: Du schreibst immer die männliche und die weibliche Form aus. Zum Beispiel: „Meine Kundinnen und Kunden finden mich auf Instagram.“ Die Reihenfolge ist dabei eigentlich egal. Wenn du dich aber einmal entschieden hast, welche Form du zuerst verwenden möchtest, solltest du das auch im ganzen Text durchziehen.

Der Vorteil: Bei der Paarform brauchst du nicht groß nachzudenken, sie geht leicht von der Hand.

Der Nachteil: Du sprichst zwar Männer und Frauen an, aber nichtbinäre Menschen bleiben außen vor (was spätestens seit der Einführung der Geschlechtsoption „divers“ eigentlich nicht mehr zeitgemäß ist). Außerdem wird dein Text durch die häufigen Wortwiederholungen länger!

Der Schrägstrich

Eine langsam aus der Mode kommende Art zu gendern ist der Schrägstrich. Mit ihm verkürzt du die Paarform, indem du die weibliche Endung einfach durch einen Schrägstrich getrennt an die männliche Form anhängst. Zum Beispiel: „Ein/e Interessent/in hat mich angefragt – ich muss ihm/ihr noch antworten.“ In Sätzen mit vielen Singularformulierungen kann das aber ganz schön tricky werden – wenn der/die Potsdamer Postkutscher/in den Postkutschwagen seines/seiner/ihres/ihrer Kolleg/in putzen muss zum Beispiel. Mein Tipp deshalb: Versuche möglichst oft, lieber neutrale Formulierungen oder das Prinzip der Rollenverteilung zu verwenden, das ich dir weiter unten zeige.

Der Vorteil: Mit dem Schrägstrich hast du weniger Wortwiederholungen in deinen Texten.

Der Nachteil: Du sprichst immer noch nur zwei Geschlechter an – ob sich der Aufwand dafür lohnt?

Das Binnen-I

Das Binnen-I gibt es schon ziemlich lange – seit den 1980er Jahren wird es verwendet! Der Trick: Du hängst die weibliche Endung an das Ausgangswort, schreibst das „i“ zum Beispiel bei „KundInnen“ aber groß. Leider bedeutet das, dass du manchmal auch andere Buchstaben großschreiben oder doch wieder den Schrägstrich bemühen musst. Zum Beispiel: „EinE FreundIn hat mich dem/der neuen KundIn empfohlen.“

Der Vorteil: Auch diese Variante ist kürzer als die Paarform und du hast kein Sonderzeichen mitten im Wort, das den Lesefluss stören könnte.

Der Nachteil: Mit den verschiedenen Großbuchstaben zu hantieren, ist ganz schön kompliziert. Und du sprichst wieder nur zwei Geschlechter an! Wenn außerdem jemand online die Vorlesefunktion benutzt, wird das große I nicht als Großbuchstabe erkannt und die Person hört nur die weibliche Form „Kundin“.

Der Gender-Gap

Okay, auf diese Art zu gendern hast du vielleicht die ganze Zeit gewartet: das hübsche Gendersternchen, mit dem du endlich auch nichtbinäre Menschen ansprechen kannst. Zum Beispiel: „Meine Leser*innen lieben meine Blogartikel.“ Neben dem Sternchen gibt es noch einige weitere Sonderzeichen, die du verwenden kannst:

  • Unterstrich: Leser_innen
  • Doppelpunkt: Leser:innen
  • Punkt: Leser.innen
  • Mediopunkt: Leser·innen
  • einfaches Kodierungszeichen: Leser’innen

Ein Grund für die große Auswahl ist die Vorlesefunktion, die u. a. Menschen mit Sehbehinderung online nutzen. Sie liest Sternchen und Unterstrich mit vor: „Leser-Stern-innen“ bzw. „Kund-Unterstrich-innen“. Deshalb solltest du online am besten eines der anderen Sonderzeichen wählen.

Der Vorteil: Endlich werden alle Geschlechter angesprochen – juhu!

Der Nachteil: Wie Schrägstrich und Binnen-I führt der Gender-Gap oft zu komplizierten Formulierungen, die schwer zu lesen sind, und ist nicht barrierefrei.

Neutrale Formulierungen

Wann immer du mit einer anderen Art zu gendern nicht weiterkommst, kannst du überlegen, ob es vielleicht eine neutrale Alternative gibt. Zum Beispiel: „Unsere Kundschaft kann sich jederzeit vom Personal beraten lassen.“ Ein geniales Hilfsmittel bei dieser Variante ist das Genderwörterbuch, in dem du aktuell über 1400 neutrale Begriffe findest!

Der Vorteil: Du sprichst alle Geschlechter an und brauchst dich nicht mit komplizierten Formulierungen herumzuschlagen.

Der Nachteil: Leider gibt es nicht für jedes Wort auch eine neutrale Alternative. Wenn du nur neutrale Formulierungen verwendest, kann dein Text außerdem etwas unpersönlich wirken.

Das Prinzip der Rollenverteilung

Mein persönlicher Favorit beim Gendern ist ja mein Prinzip der Rollenverteilung! Ich nutze es immer, wenn ich mit dem Doppelpunkt, den ich in meinen Texten verwende, nicht weiterkomme. Du teilst den Protagonist:innen deines Textes dazu einfach feste Rollen zu. Du kannst ihnen auch Namen geben, wenn dir das leichter fällt! Zum Beispiel: „Der Kunde (Uwe) möchte mit Social Media durchstarten, hat aber noch keinerlei Erfahrung. Deshalb sucht er eine gute Instagram-Beraterin (Jessica). Nach einigem Googlen findet er (Uwe) eine passende Dienstleisterin (Jessica) und macht einen Termin bei ihr aus.“

Der Vorteil: Du mogelst dich um komplizierte Formulierungen herum und verwendest trotzdem nicht immer nur die männliche Form.

Der Nachteil: Du sprichst wieder nur zwei Geschlechter an. Außerdem kann das Prinzip der Rollenverteilung Verwirrung stiften, weil die weibliche anders als die männliche Form oft nicht als allgemeingültig erkannt wird – die Leserin denkt dann womöglich, dass wirklich eine spezifische Frau gemeint ist.

Gendern auf Social Media – 3 Tipps, die dir das Gendern erleichtern

Wenn du dich mit den verschiedenen Arten zu gendern vertraut gemacht hast, stellt sich die große Frage: Welche davon sollst du in Zukunft nutzen? Wie gesagt, gibt es eigentlich kein „richtig gendern“. Welche Variante sich für dich am besten eignet, hängt von deiner persönlichen Einstellung, deiner Zielgruppe und vom Medium ab. Die Entscheidung ist also sehr individuell. Diese 3 Tipps weisen dir zumindest eine grobe Richtung fürs Gendern in Social Media:

  1. Nutze eine platzsparende Variante: Auf Instagram und Co. ist die Zeichenzahl begrenzt – mit der Paarform zum Beispiel verschwendest du viel Platz, den du für mehr Inhalt in der Caption nutzen könntest. Besser geeignet sind neutrale Formulierungen, das Prinzip der Rollenverteilung oder der Gender-Gap.
  2. Berücksichtige die Vorlesefunktion: Online nutzen Menschen mit Sehbehinderung, aber zum Beispiel auch Leute, die eine Leseschwäche haben, gern die Vorlesefunktion. Vermeide deshalb Arten zu gendern, die nicht zum Vorlesen geeignet sind – wie Schrägstrich, Sternchen oder Unterstrich.
  3. Mach es einfach: Auf Social Media wollen wir Inhalte sofort erfassen können – verstehen wir nur Bahnhof, scrollen wir weiter. Vermeide also komplexe Sonderzeichen-Konstruktionen und schreib lieber neutral formulierte Sätze oder sprich deine Leser:innen direkt mit „du“ an.

Do's and Dont's beim Gendern

Richtig und falsch gibt es bei geschlechtergerechter Sprache zwar nicht – Stolpersteine aber jede Menge! Merk dir deshalb diese wichtigen Do’s und Don’ts:

Gendern in Videos (z.B. Instagram Stories) – Wie spricht man gendergerecht?

Geschlechtergerechte Sprache auch beim Sprechen durchzuziehen, ist nur konsequent. Aber wie soll das gehen? Tatsächlich wird immer häufiger auch in gesprochenen Medien gegendert – zum Beispiel beim Radiosender Fritz oder in der TV-Talkshow Anne Will. In Stories und Videos in den sozialen Medien kannst du es genauso machen. Und so funktioniert’s:

  • Sprich in der Paarform – easy, oder? Einfach „Kundinnen und Kunden“ sagen.
  • Verwende neutrale Formulierungen – zum Beispiel „Liebes Publikum“ statt „Meine Damen und Herren“.
  • Sprich die Lücke mit – ja, das ist mein Ernst. Du kannst die Lücke, die Sternchen oder Doppelpunkt bilden, mitsprechen. Dazu lässt du einfach eine kleine Pause an der entsprechenden Stelle, sagst also „Kund innen“.
  • Lasse „und“ oder „oder“ weg – wenn dir das mit der Pause im Wort komisch vorkommt, sage einfach die weibliche und die männliche Form hintereinander, aber ohne „und“ oder „oder“: „Der Kunde die Kundin bekommt einen ausführlichen Briefingbogen.“

Auch beim Sprechen ans Gendern zu denken, ist absolute Gewohnheitssache. Gerade am Anfang wirst du es noch häufig vergessen. Denn während du beim Schreiben Zeit zum Nachdenken hast und am Ende alles nochmal überprüfen kannst, ist gesagt gesagt und unumkehrbar. Aber stress dich da nicht zu sehr! Es ist vollkommen in Ordnung, dass du nicht sofort perfekt genderst. Lass dir Zeit! Irgendwann wird es dir in Fleisch und Blut übergehen und du wirst denken, du hättest nie etwas anderes gemacht.

Diversity-Texterin Lucia Clara Rocktäschel

Diversity Texterin Lucia Clara Rocktäschel

Lucia ist Diversity-Texterin und -Trainerin aus Berlin und unterstützt ihre Kund:innen dabei, Vielfalt wertschätzend zu kommunizieren – ganz ohne Moralkeule.

Auf ihrer Website und ihrem Blog sowie ihrem Instagram Account gibt sie hilfreiche Tipps rund ums Gendern.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Rebecca

    Ich bin gerade auf der Suche nach Gendermöglichkeiten für Social Media und finde deine Tipps super!
    Das einzige kleine Manko (und genau da war ich auf der Suche nach) ist, dass auf Social Media viel mit Hashtags gearbeitet wird.
    Kennst du eine Möglichkeit mit Hashtags zu gendern? Bei allen möglichen Sonderzeichen „bricht“ die Verlinkung danach ab.
    #ausbilder(Bruch)*innen -> so wird ein Beitrag nur durch den Hashtag #ausbilder gefunden und nicht über #ausbilder*in.
    Ich freue mich über eine Antwort, falls du eine hast.

    1. Jessica Diehl

      Hallo Rebecca, danke dir für deinen Kommentar :-). Das ist eine SEHR gute und berechtigte Frage, auf die ich leider keine passende Antwort parat hab. Ich werde mal bei der Expertin Lucia Rocktäschel nachhören.

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